NEWSLETTER
Liebe Leserinnen, liebe Leser unseres Newsletters,
wir bei SZENARIS setzen uns seit langem mit dem Thema „Lernen“ und insbesondere mit dem Thema „Lernen mit digitalen Medien“ auseinander. Daher haben wir in der Vergangenheit auch alle technischen Neuerungen miterlebt und viele davon auch eingesetzt. Das betrifft das Thema „E-Learning“ genauso wie das Thema „Extended-Reality-Simulation“. Aber jetzt kommen Neuerungen auf uns zu, die sich in dem Umfang und mit der Geschwindigkeit so nicht abgezeichnet haben. Dazu gehören ganz vorne ChatGPT und Midjourney, um nur zwei dieser Entwicklungen zu nennen.
In unserem Newsletter haben wir zunächst die beiden folgenden Themen aufbereitet: Betriebliche Qualifizierung mit Lern- und Assistenzsystemen im Rahmen unseres Förderprojektes „Learn4Assembly“ und unsere Zusammenarbeit mit der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg (HAW HH) zum Thema „Ausbildung von Pflegekräften“ mit E-Learning und Virtual Reality.
Danach richten wir in unserer neuen Artikelreihe den Blick auf die Themen „KI“ und „Lernen“ und legen dar, wie wir deren zukünftiges Zusammenwirken sehen. Gerade Adaptives Lernen, also ein an jede Person angepasstes Lernformat, birgt aus meiner Sicht großes Potenzial. Ich betrachte das als den Heiligen Gral des Lernens: Jede(r) bekommt die Materialien, die sie oder er braucht, zu der Zeit, die sinnvoll ist, und für die Dauer, die notwendig ist. Vielleicht ist KI genau das Mittel, das uns diese Möglichkeiten eröffnet. Aber mehr möchte ich an dieser Stelle noch nicht verraten.
Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre und würde mich freuen, wenn Sie das eine oder andere für sich mitnehmen könnten.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Dr. Uwe Katzky
PflegeDigital 2.0: Interaktive Lernmodule für die pflegerische Ausbildung
Im Forschungsprojekt PflegeDigital 2.0 wurden ab 2020 neue digitale Lösungen für die pflegerische Ausbildung entwickelt, um die Versorgung von Pflegebedürftigen zu verbessern und die Ausbildung des Pflegepersonals zu erleichtern. Dazu gehört zum einen der Einsatz virtueller Realität, zum anderen wurden mit Unterstützung von SZENARIS 22 interaktive Lernmodule entwickelt, die 26 essenzielle Handlungsprozesse der pflegerischen Ausbildung abbilden. Folgende Inhalte werden dabei behandelt:
- Pflegeverständnis, pers. Hygiene
- Anziehen und Entsorgen von Schutzkleidung
- Hilfestellung beim Zähneputzen
- Vitalzeichenkontrolle
- Einsatz von Hilfsmitteln: Steckbecken
- Einsatz von Hilfsmitteln: Urinflasche
- Einsatz von Hilfsmitteln: Schutzhose
- Positionierungen am Beispiel einer 30°-Positionierung
- Ventilationsfördernde VATI-Positionierung
- Allgemeingültiger Umgang mit Atemtrainern
- Blutzucker-Kontrolle
- Umgang mit Medikamenten
- Verabreichen von Medikamenten
- c.-Injektion inkl. Insulininjektion per Spritze/Pen
- m.-Injektion
- Legen eines transurethralen Blasenverweilkatheters
- Verbandswechsel bei Wunden
- Wechsel einer Redon-Flasche, Ziehen einer Drainage, Fäden- und Klammerentfernung
- Versorgung einer PEG
- Verabreichen der Sondenkost per Sonde (MS, PEG)
- Richten einer Infusion
- Stomaversorgung
Anhand von konkreten Handlungsszenarien werden die Lernenden schrittweise durch die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung einer Tätigkeit geleitet. Am Ende jedes Moduls erhalten sie verschiedene Aufgaben, mit denen sie ihren Wissensstand überprüfen können. Zudem werden den Lernenden zahlreiche Hinweise und Tipps z. B. zur korrekten Nutzung der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA), zu ergonomischen Aspekten wie rückenschonendem Arbeiten oder zur Mikrolagerung angeboten. Auch kommunikative Aspekte wie die Ansprache der Pflegebedürftigen werden behandelt.
Die Lernmodule wurden als Web Based Trainings (WBT) in den Sprachen Deutsch, Englisch, Spanisch, Portugiesisch und Vietnamesisch entwickelt. Innerhalb der Lernmodule kann nahtlos zwischen den Sprachen gewechselt werden. Damit wurde ein Lernwerkzeug für die Ausbildung von pflegerischem Personal mit und ohne Migrationshintergrund geschaffen, das zugleich die Verbesserung der Deutschkenntnisse ermöglicht. Für die Zukunft ist die Übersetzung in weitere Sprachen wie z. B. Ukrainisch vorgesehen.
Die WBTs können sowohl vorbereitend als auch begleitend zum Präsenzunterricht flexibel und ortsunabhängig eingesetzt werden. Damit sind sie ein geeignetes Instrument, um die Ausbildung des Pflegepersonals nachhaltig zu verbessern.
Überzeugen Sie sich selbst und probieren Sie die Module hier aus!
Betriebliche Qualifizierung mit Lern- und Assistenzsystemen – wie geht das?
Unter dem Motto „Nachhaltig Arbeiten und Lernen – Analyse und Gestaltung lernförderlicher und nachhaltiger Arbeitssysteme und Arbeits- und Lernprozesse“ tauschten sich Wissenschaft und Praxis vom 01. bis 03. März 2023 am Campus Maschinenbau der Leibniz Universität Hannover aus. In diesem Rahmen stellte Ines Averbeck gemeinsam mit Dr. Tina Haase vom Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF) die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Projekt vor. In ihrem Beitrag „Pragmatisch – praktisch – praxistauglich? Orientierung im Dschungel der Assistenzsysteme“ widmeten sie sich der Frage, wie Unternehmen vorgehen können, wenn sie die Einführung eines Lern- und Assistenzsystems planen.
Die Entwicklung von Lern- und Assistenzsystemen wird vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Fachkräftemangels derzeit stark vorangetrieben, sei es im Rahmen von Forschungsprojekten oder durch direkte Aufträge von den Unternehmen selbst. Dabei können unterschiedliche Ziele verfolgt werden: Von der einfachen Anleitung zum Durchführen von Arbeitsschritten bis hin zur Qualifizierung von Mitarbeitenden im Prozess der Arbeit ist vieles möglich. In ihrem Beitrag stellten Ines Averbeck und Dr. Tina Haase einen Dreischritt vor:
- Was ist überhaupt möglich?
Ein Online-Beratungssystem bietet hier Orientierung zum Lernen mit Virtual und Augmented Reality. Das IFF entwickelt im Projekt Morph-IT eine Plattform, auf der Unternehmen aus ihren eigenen Erfahrungen berichten können und somit anderen Orientierung bieten, welche Umsetzungsmöglichkeiten es gibt, welche Einflussgrößen berücksichtigt werden sollten und welche Technologien zum Einsatz kommen können.
- Wo macht der Einsatz eines solchen Systems Sinn?
Auf dem konkreten Weg zur Umsetzung geht es im Unternehmen um die Identifizierung eines geeigneten Einsatzszenarios. Hierzu kann die Methode der Arbeits- und Anforderungsanalyse zum Einsatz kommen.
- Wie muss das System gestaltet werden, damit die Mitarbeitenden gut damit arbeiten und lernen können?
Der Fokus liegt selbstverständlich auf der Qualifizierung des Personals und so widmeten wir uns in diesem Projekt der Frage, wie ein Lern- und Assistenzsystem gestaltet sein muss, damit es lernförderlich ist. Und so entwickelten die Beteiligten im Projekt eine Checkliste, die Hinweise für die generelle Gestaltung und das User Interface, den inhaltlichen Aufbau und die Gestaltung der einzelnen Elemente (wie Lernvideos, Bilder, Assessments etc.) liefert (siehe Abbildung). Da die Praxis nicht zu kurz kommen darf, rundete das Feedback eines Praxispartners zu den Instrumenten den Beitrag ab.
Das Projekt LeARn4Assembly wurde im Dezember 2022 erfolgreich abgeschlossen. Weitere Informationen zu dem GfA-Kongress finden Sie hier und den dazugehörigen Beitrag hier. Ein weiterer Beitrag zum Projekt ist unter dem Titel „Qualifizieren statt Dressieren? Gestaltungsdimensionen eines Lern- und Assistenzsystems für Mitarbeitende in der Produktion“ in der Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb (Jahrgang 117 (2022) 10) hier erschienen.
Wie KI und Adaptive Learning unser zukünftiges Lernen verändern – Teil 1: Lernen mit KI
Lernen befindet sich inmitten einer rasanten Transformation. Ursächlich hierfür ist in besonderem Maße der Fortschritt verschiedener Technologien. Nicht erst mit ChatGPT und Midjourney hat sich die Künstliche Intelligenz (KI) dabei zu einem der bedeutendsten Technologiebereiche entwickelt. Denn insbesondere im Bildungsbereich eröffnet die Nutzung von KI vielfältige Möglichkeiten, die den Lernprozess zukünftig revolutionieren könnten. In diesem Kontext gewinnt das Konzept des Adaptiven Lernens zunehmend an Bedeutung, da es KI-Technologien nutzt, um Bildungsinhalte und Lernprozesse maßgeschneidert an individuelle Lernbedürfnisse anzupassen.
Im Rahmen dieser Newsletter-Serie möchten wir daher die aktuellen Entwicklungen betrachten und einen Ausblick auf die mögliche Zukunft des Lernens geben. Dazu erfahren Sie in diesem Teil, was sich genau hinter dem Begriff KI verbirgt und welche Rolle sie bei Lernprozessen einnimmt. In den weiteren Teilen erläutern wir, was Adaptives Lernen bedeutet und wie dieser Ansatz mit dem Einsatz von KI verbunden werden kann. Im letzten Teil unserer Serie möchten wie einen Blick auf zukünftige Szenarien wagen und skizzieren, wie KI und Adaptives Lernen exemplarisch eingesetzt werden können.
Was bedeutet künstliche Intelligenz?
Allgemein gesprochen, umfasst der Begriff alle Technologien, die menschenähnliche Denkprozesse simulieren und Aufgaben ausführen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern. Unterschieden wird hierbei zwischen sogenannter starker und schwacher KI.
Schwache KI löst konkrete Anwendungsprobleme. Diese Art der KI dient also der Unterstützung des Menschen in Einzelbereichen. Ein Teilbereich der schwachen KI ist das sogenannte „Machine Learning“. Hierbei „lernen“ Systeme automatisch Muster und Zusammenhänge aus Daten und optimieren sich. Der Algorithmus erstellt also seinen Programmcode allein. Deep Learning gilt als spezieller Teilbereich des maschinellen Lernens. Dabei werden künstlich erzeugte Neuronen eingesetzt, um Muster zu erkennen. Damit ähnelt die Struktur dem neuronalen Netzwerk im menschlichen Gehirn, wodurch auch große Mengen unstrukturierter Daten verarbeitet und interpretiert werden können.
Unter starker KI fasst man alle Ansätze zusammen, bei denen versucht wird, eine Intelligenz zu schaffen, die der des Menschen gleicht oder sie übertrifft. Diese Systeme sind in der Lage, ein tiefes Verständnis von Kontexten zu entwickeln und komplexe Probleme zu lösen, die über ihre ursprüngliche Programmierung hinausgehen. Starke KI ist bis heute noch nicht erreicht worden und bleibt Gegenstand intensiver Forschung und Debatte.
Bedeutung von KI für das Lernen
KI bietet für das Lernen zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten. KIs wie ChatGPT sind bereits in der Lage, die Wissensfragen jedes einzelnen Lernenden größtenteils faktisch korrekt zu beantworten. KIs können zudem zukünftig vermehrt dazu eingesetzt werden, den Lernprozess auf individuelle Bedürfnisse und Lerngeschwindigkeiten anzupassen. Durch die Analyse von Lernverhalten und Fortschritten kann KI personalisierte Lernpläne erstellen bzw. Hinweise geben, wie Lernende am besten lernen. Lernende können diese Erkenntnisse nutzen, um ihre Lehrmethoden kontinuierlich zu optimieren. Dies wird auch als „Adaptives Lernen“ bezeichnet, auf das in unserem nächsten Newsletter näher eingegangen wird. Des Weiteren kann KI ein sofortiges Feedback zu den Leistungen der Lernenden bieten. Dies führt zu einem besseren Verständnis über die Stärken und Schwächen und ermöglicht damit gezielteres Lernen. Ein weiterer Aspekt ist Automatisierung. Denn: Lehrkräfte verbringen oft viel Zeit mit administrativen Aufgaben wie Dokumentation, Verwaltung etc. KI kann diese Aufgaben automatisieren und Lehrenden mehr Zeit für den direkten Unterricht und die Betreuung der Lernenden geben. KI-gestützte Technologien ermöglichen es Lernenden mit körperlichen Einschränkungen an Bildungsprozessen teilzunehmen, z. B. durch den Einsatz KI-gestützter Sprach- und Texterkennung.
Lernen mit KI – ein Beispiel aus dem Portfolio von SZENARIS
Ein Projekt, welches von SZENARIS mit großer Spannung begleitet wird, ist das vom BMWK geförderte Forschungsprojekt „KI-SIGS“ („Künstliche Intelligenz-Space für intelligente Gesundheitssysteme“). Dabei stellen Partner aus Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein ein KI-Ökosystem für den Gesundheitsbereich auf. Hierzu gehören adaptive, medizinische Systeme, robotische Assistenzsysteme und Smart-Living-Assistenten. SZENARIS ist am Teilprojekt „Bewegungstraining“ beteiligt. Dabei werden intelligente Avatare bzw. Robotersysteme entwickelt, die Rückmeldungen bei gesundheitlichen Bewegungsübungen über (in-)korrekt durchgeführte Bewegungen auf natürliche Art und Weise geben. So sollen Patientinnen und Patienten zukünftig ihr Bewegungstraining eigenständig korrekt und damit gesundheitsfördernd durchführen können. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse lassen die Vielzahl zukünftiger Einsatzmöglichkeiten für die Vermittlung von Bewegungen, Handlungen und Arbeitsabläufen erahnen.